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PHAROS e.V. - Internationale Bildungsarbeit und humanitäre Hilfe

 
 

Presseartikel zur Arbeit von Pharos e.V.

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Für ein Leben der Menschen in Würde

Ingrid Halbritter arbeitet als Entwicklungshelferin auf dem Balkan - Einen Job im Büro kann sich die Echterdingerin nicht mehr vorstellen

Fast zehn Jahre ist es jetzt her, dass das Abkommen von Dayton den Frieden in Bosnien-Herzegowina besiegelte. Zumindest auf dem Papier. Der Lebenssituation der Menschen in jenem Landstrich sind nur noch sporadisch Schlagzeilen oder Berichte gewidmet. Die Karawane der Kriegsberichterstatter ist längst weitergezogen. Geblieben sind die Entwicklungshelfer, denn auch ein Jahrzehnt nach Kriegsende sind die Menschen auf deren Unterstützung angewiesen.

ECHTERDINGEN/SARAJEWO - Eine der Entwicklungshelferinnen in Sarajewo ist Ingrid Halbritter. Seit 1998 arbeitet die gebürtige Echterdingerin auf dem Balkan. Nachdem sie ihre Studien der Politikwissenschaft und Rhetorik in Tübingen abgeschlossen hatte, bekam sie das Angebot, als Leiterin friedenspädagogischer Projekte für die von der Kroatin Suzana Lipovac gegründete Stuttgarter Hilfsorganisation Kinderberg zu arbeiten.

Seit 1998 leitet Ingrid Halbritter Bildungsprogramme in Südosteuropa und ist Mitbegründerin des Vereins D@dalos in Sarajewo. Dessen Ziel ist es, in Südosteuropa einen Beitrag zur Demokratisierung zu leisten. Die Projekte setzen bei der Bildung an: in Schule, Universität, aber auch in Nichtregierungsorganisationen. Dabei konzentriert sich der Verein auf die demokratische politische Bildung, erklärt Ingrid Halbritter. Sie und ihre Mitstreiter wollen den Menschen das kleine Einmaleins der Politik, die Grundbegriffe der Demokratie, vermitteln. Denn Demokratie als Staatsform sei in Südosteuropa nicht verankert.

Jeder muss Verantwortung tragen "Ich glaube fest daran, dass jeder Einzelne einen wichtigen gesellschaftlichen und politischen Beitrag leisten kann. Und ich glaube daran, dass jeder Einzelne ein Stück Verantwortung trägt für sich, für seine Mitmenschen und die Gesellschaft, in der wir leben." Verantwortung zu übernehmen, dazu ermuntert die Entwicklungshelferin die Menschen vor Ort immer wieder. Das sei nicht immer ganz einfach, sagt sie. "Viele erwarten immer noch, dass Staat und Behörden für sie schon alles regeln werden."

Doch darauf könnten sie lange warten. Die politischen Rahmenbedingungen seien nach wie vor sehr instabil. Die Verwaltung ist endlos aufgebläht, es gibt weder eine Gesetzgebung, noch eine verlässliche Gerichtsbarkeit. Korruption ist nicht nur unter Staatsdienern weit verbreitet. Diese Zustände würden die Arbeit der Entwicklungshelfer zusätzlich erschweren, musste die 39-Jährige erkennen.

Ein Großteil der Menschen in Bosnien lebt nach wie vor in großer Armut, erzählt Ingrid Halbritter. Die Arbeitslosigkeit liegt bei über 50 Prozent, in ländlichen Gegenden weit darüber. Hier ist auch die Infrastruktur am wenigsten ausgebaut, Bus- oder Bahnverbindungen zu den nächstgrößeren Orten sind Luxus.

Um wirksamer und nachhaltiger humanitäre Hilfe leisten zu können, hat Ingrid Halbritter im März diesen Jahres den Anstoß zur Gründung des Vereins Pharos Stuttgart gegeben. Neben internationaler Bildungsarbeit hat er vor allem das Ziel, die von der engagierten Frau begonnenen humanitären Hilfsprojekte in Bosnien-Herzegowina zu unterstützen und zu erweitern.

Zu den von Ingrid Halbritter und Pharos betreuten Hilfsprojekten gehört der Umbau einer kaum noch genutzten Schule in ein menschenwürdiges Altenheim in dem Dorf Fakovici nahe Srebrenica. "Die alten Menschen sind die Hauptleidtragenden im Land", weiß die Expertin. Staatliche Hilfe werde ihnen nicht gewährt. "Sie bekommen weder Rente noch Sozialhilfe und leben in bitterer Armut." Wohl dem, der eine Familie hat, die ihn aufnimmt und versorgt.

In dem von Pharos betreuten Altenheim sollen nach der Instandsetzung - bislang gab es hier weder Heizung noch intakte sanitäre Einrichtungen und ein Teil der Fenster war kaputt - 30 alte Menschen ein behagliches Zuhause finden. Rund 110 000 Mark wird die Renovierung kosten, bezahlt mit Spendengeldern aus Deutschland.

Es passt zu Ingrid Halbritter, dass sie auch ganz privat und aus eigener Tasche Menschen in Not unterstützt. "Ja, ja ich weiß schon was Sie denken: Helfersyndrom und so", sagt sie lachend. Sie habe einfach nicht wegschauen können, als sie Bisera und ihre sieben Kinder kennenlernte. Die von ihrem Mann verlassene 29-Jährige lebte ohne finanzielle Unterstützung mit ihren Sprösslingen im Alter von ein bis elf Jahren in Sarajewo "in einem Loch mit feuchten Wänden, ohne Grün vor der Tür". Dank Pharos gibt es nun anstelle eines Loches im Boden eine Toilette mit Wasserspülung, darüber hinaus einen Warmwasserboiler und einen Kühlschrank sowie einen Paten, der der Familie regelmäßig Geld zukommen lässt. Und dank der engagierten Helferin aus Deutschland für die Kinder Sonntage mit Ausflügen in den Zoo, die Natur oder auf den Spielplatz. Gern zeigt Ingrid Halbritter die Bilder von fröhlichen Kindern mit leuchtenden Augen.

Zweite Heimat Sarajewo

So manches Wochenende verbringt sie mit Bisera und ihren Kindern. Doch hin und wieder gönnt sie sich auch ein Privatleben.

Dann setzt sie sich, manchmal geplagt von schlechtem Gewissen, in ihren Kleinbus und fährt nach Kroatien und genießt das Meer.

Seit Mitte 1999 lebt Ingrid Halbritter in der Altstadt von Sarajewo. Ihre Vermieter seien "ganz liebe Menschen" und ein wenig auch Ersatz-Familie. "Auch wenn meine Wurzeln in Echterdingen sind und bleiben werden, ist Sarajewo mittlerweile zu meiner zweiten Heimat geworden", bekennt die zierliche Frau, die sich längst mit den Menschen in deren Muttersprache verständigen kann.

Was sie macht, wenn ihr Vertrag als Friedensfachkraft bei Eirene, dem Kostenträgerverein aus Neuwied ausläuft? "Ich bin wild entschlossen, weiter auf dem Balkan zu arbeiten. Einen normalen Job in einem Büro kann ich mir nicht mehr vorstellen".

Info: Ingrid Halbritter, die für die von ihr initiierte Bildungsarbeit von der deutschen UNESCO‑Kommission im Jahr 2004 den Walter-Mertineit-Preis für internationale Verständigung verliehen bekam, ist am morgigen Freitag, 26. August, Gast der evangelischen Kirchengemeinde Leinfelden‑Echterdingen. Ab 20 Uhr wird sie im Gemeindehaus Echterdingen, Bismarckstraße 1, im Rahmen eines Informationsabends mit Filmausschnitten, Fotos und Erzählungen Einblicke in die derzeitige Situation in den Balkanländern und ihre bisherige Arbeit im humanitären Bereich geben.

[naw, Filder-Wochenblatt vom 25.08.2005]

 

   
               
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